Die meisten Bäche und Flüsse in Norddeutschland sind durch Maßnahmen der
Flurbereinigung sowie Begradigung, Vertiefung und Uferbefestigungen auf eine schmale "Abflussrinne" eingeengt
worden. Die ehemals vorhandenen breiten
Fluss-Auen wurden für die landwirtschaftliche
Nutzung sowie Siedlungsentwicklung trocken gelegt. Viele an die feuchten Lebensbedingungen in Auen angepassten
Lebensgemeinschaften und wichtige ökologische Funktionen (Wasserrückhalt, Klima) sind dadurch zerstört worden.
Wenn wir an dieser Stelle über die Etablierung von Uferrandstreifen sprechen, muss klar sein, dass diese nicht
die verloren gegangenen Auenfunktionen auch nur annähernd ersetzen können. Sie stellen jedoch einen ersten
Schritt dar, Bächen und Flüssen und damit auch den Lebensgemeinschaften wieder
mehr Raum für eine natürliche Entwicklung
in unserem dicht besiedelten Land zur Verfügung zu
stellen.
Filter- und Beschattungswirkung
Die Ausweisung von Uferrandstreifen oder Uferentwicklungszonen ist eine gute Möglichkeit, die (intensive)
landwirtschaftliche Nutzung ein Stück von den Fließgewässern abzurücken. Wenn zu nah am Gewässer geackert wird,
ist das Risiko sehr groß, dass Dünger und Pflanzenschutzmittel in das Gewässer verfrachtet werden.
Pflanzenschutzmittel schädigen, wenn sie im Bereich der Ufer und Wasserflächen ausgebracht werden, wildlebende
Pflanzen und Tiere. Gelangt der Dünger, der für die landwirtschaftlichen Flächen gedacht war, in das Gewässer,
fördert er hier das übermäßige Pflanzenwachstum und die
Unterhaltungspflichtigen
müssen diese dann immer öfter entfernen. Verschiedene Untersuchungen zeigten, dass
die ungenutzten Uferrandstreifen, je nach Kulturlandschaftstyp und in Abhängigkeit vom Bewuchs, eine starke
Filter- und Beschattungswirkung entfalten. Sie gewährleisten darüber hinaus einen Abstand zur
landwirtschaftlichen Bewirtschaftung, so dass die oben geschilderten Probleme abgeschwächt oder gar nicht mehr
auftreten.
Erhöhung der Lebensraumvielfalt am Gewässer
Jeder Meter eines nicht bewirtschafteten Uferrandstreifens stellt einen ökologischen Gewinn für das Gewässer
und die umgebende Landschaft dar. Damit die Uferentwicklungszonen nicht nur zur "Möblierung" der Landschaft
beitragen, sondern eine echte Lebensraumfunktion für viele Tier- und Pflanzenarten übernehmen können, sollten
sie eine Mindestbreite von 5 m aufweisen. Ungenutzte Randstreifen erfüllen damit auch für die am Boden
lebenden Tiere (z.B. Spinnen, Heuschrecken, Mäuse, Kröten, Frösche, Molche, Mauswiesel,
Fischotter,
Hermelin,
Iltis,
Dachs)
eine bedeutende Biotopvernetzungsfunktion.
.
Darüber hinaus leisten standorttypische
Gehölze (Bäume und Sträucher) einen wichtigen Beitrag zur
Erhöhung der Biotopvielfalt an Bächen und Flüssen. Sie beeinflussen unter anderem das Mikroklima und sind
selbst Lebensraum beispielsweise für unzählige Insekten, Spinnen und Vögel. Außerdem bilden die ins Wasser
hineinwachsenden Wurzeln von Bäumen und Uferpflanzen in den Uferrandstreifen interessante Lebensräume für
Fische und Kleintiere der Bachsohle.
Uferabflachungen sind nur eine Seite der Medaille
Der Querschnitt der meisten Bäche und Flüsse in Norddeutschland wurde verbreitert und die Sohle tiefer gelegt,
damit mehr Wasser in kürzerer Zeit abfließen kann. Das natürliche, vielgestaltige Bachbett musste sehr häufig
einem einheitlichen Trapezprofil weichen. Die Uferböschungen des Trapezprofils sind steil und es gibt kaum noch
Stellen, an denen Naturinteressierte gefahrlos ans Wasser gelangen können, um beispielsweise mit Kindern zu
keschern.
Werden nun Uferabflachungen vorgenommen, ist dies einerseits ein positiver Effekt, da neue Lebensraumelemente
in den monotonen Gewässerquerschnitt eingebracht werden. Andererseits kommen Uferabflachungen einer
Verbreiterung des Bachbettes gleich. Der Effekt ist eine Reduzierung der Fließgeschwindigkeit mit den
bekannten negativen Wirkungen (z.B. zunehmende Verkrautung, Verschlammung, veränderte Lebensgemeinschaft,
stärkere Erwärmung). Zur Revitalisierung der natürlichen
Fließgewässerdynamik ist es deshalb notwendig, an anderen Stellen das
Gewässerprofil einzuengen und häufige Wechsel der Fließgeschwindigkeiten zu initiieren. Nur so kann ein
Strömungsmosaik entstehen, dass es Tieren und Pflanzen mit unterschiedlichen Ansprüchen an die
Strömungsgeschwindigkeit ermöglicht, sich anzusiedeln.
Das lokale Einengen des Gewässerquerschnitts kann beispielsweise durch das Einbringen von Steinen,
Totholz oder befestigten Bauwerken (Flügelbuhnen)
erfolgen. Am besten ist es, wenn örtlich vorhandene Materialien und natürliche Bauweisen verwendet werden.
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